Was hat ein Schmierstoffhersteller mit Solartechnik zu tun? Unter Umständen sehr viel, wenn er sich der Entwicklung hochwertiger Kühlflüssigkeiten widmet. Ein Beispiel, wie eng unterschiedliche Anwendungsgebiete verknüpft sind und voneinander profitieren können.
Was einen Motor am Laufen hält, ist auch bei der Wärmeerzeugung aus Sonnenenergie von Nöten: Kühlmittel, die im Wesentlichen drei Funktionen erfüllen: Sie müssen Wärme ableiten können, dürfen im Winter nicht einfrieren und sollen das Material, mit dem sie in Berührung kommen, vor Korrosion schützen. Seit einigen Jahren entwickelt ROWE Kühlflüssigkeiten für Fahrzeugmotoren und zählt mit knapp 17 Millionen Litern im Jahr 2016 zu den größten Herstellern von Glykol- basierten Kühlerfrostschutzmitteln in Deutschland. Dazu baute das Unternehmen eine eigene Entwicklungsabteilung auf und investierte in spezielle Labortechnik. Die dabei gesammelten umfangreichen Erfahrungen wurden nun auf ein neues Produkt übertragen, das für die optimale Leistung von Solaranlagen unverzichtbar ist. Denn in einem Pkw-Motor werden pro Minute etwa 150 Liter Kühlmittel durch den Kühlkreislauf gepumpt. In einer Solaranlage ist die Wärmeleistung wesentlich von der Qualität des Fluids abhängig, das die Wärme transportiert.
„Zunächst haben wir die auf dem Markt befindlichen Solarfluids analysiert und vor allem umfangreichen Korrosionstests unterzogen“, berichtet Dr. Stefan Berger, der bei ROWE als Entwicklungsleiter für die Bereiche Kühlmittel und Bremsflüssigkeiten verantwortlich ist. Das Ziel war, eine Wärmeträgerflüssigkeit für Solaranlagen zu entwickeln, die bessere Korrosionseigenschaften hat als bisherige Produkte sowie weniger gesundheits- und umweltgefährdende Inhaltsstoffe und eine hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt. Im Prinzip sind solche Kühlmittel – ob im Motor oder bei Solaranlagen – ein Gemisch aus Wasser und Glykol, einem mehrwertigen Alkohol. Doch schon hier konnte die Entwicklungsabteilung eine entscheidende Verbesserung erreichen. Durch den Austausch des meist verwendeten Monoethylenglykols gegen Propylenglykol und der Verwendung anderer Additive ist das neue Fluid deutlich weniger gesundheitsschädlich als ein Kühlmittel für den Motor. Das wichtigste Thema aber waren die Korrosionseigenschaften und deren Optimierung für eine möglichst hohe Wärmeleitfähigkeit. Dr. Stefan Berger erklärt das Problem so: „Wenn der Korrosionsschutz seine Aufgabe erfüllt, baut er auf den Metalloberflächen der Bauteile, mit denen er in Berührung kommt, eine Schutzschicht auf. Diese verhindert aber nicht nur die Bildung von Rost, sondern vermindert gleichzeitig die Wärmeübertragung vom Metall auf das Fluid. Das Optimum ist also dann erreicht, wenn eine möglichst hauchdünne Schutzschicht einen hohen Korrosionsschutz erreicht.“ Im ROWE-Labor wurden dazu umfangreiche Tests durchgeführt. Eine Möglichkeit ist, die Temperatur eines Prüfkörpers aus Aluminium oder Eisen über 96 Stunden unter Kontakt mit der Kühlflüssigkeit zu messen. Steigt diese nach einer ersten Erwärmungsphase des Kühlmittels weiter an, ist das ein Indiz dafür, dass die Schichtdicke zunimmt und die Wärmeleitfähigkeit abnimmt.
Ein weiteres Verfahren ist die mit ASTM D1384 (American Standard of Testing and Materials) bezeichnete Testmethode. Dabei werden verschiedene, elektrisch leitende, miteinander verbundene Testmetalle (Kupfer, Messing, Weichlot, Aluminium, Grauguss und Stahl) für 336 Stunden unter kontrollierter Luftzufuhr bei 88°C einer Verdünnung aus Wärmeträgerflüssigkeit und korrosivem Wasser ausgesetzt. Nach dem Test wird die Gewichtsveränderung der Prüfkörper gravimetrisch ermittelt. Das erlaubt eine zuverlässige Bewertung der Korrosionsschutzeigenschaften von Wärmeträgerflüssigkeiten. Im Idealfall gibt es keinen Gewichtsverlust. Wird das Testmaterial leichter, bedeutet dies, dass durch Korrosion Material abgetragen wurde. Außerdem interessierte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, ob die Schutzschicht trotz ihrer minimalen Stärke wie gewünscht wirkt. Dazu wird die Schicht durch spezielle chemische und mechanische Behandlungen vom Prüfmaterial entfernt und durch Mikroskopie festgestellt, ob sich darunter Korrosionserscheinungen, wie z.B. Flächenkorrosion oder Lochfraß, gebildet haben. Da wie im Motor auch bei einer Solaranlage die Wärmeträgerflüssigkeit nicht ständig gewechselt wird, kommt es bei der Auswahl der als Korrosionsinhibitoren (vom lateinischen inhibere, was so viel bedeutet wie unterbinden oder anhalten) bezeichneten Additive darauf an, dass sie in der Lösung lange ihre Funktionstüchtigkeit aufrechterhalten. Das Ergebnis der Entwicklung ist das seit einigen Monaten über die SZ WATER TREATMENT SYSTEM GMBH, einer Partnerfirma von ROWE vermarktete „SZ Solar Fluid HT -30°C“. Das bei ROWE produzierte rot eingefärbte Fertiggemisch (ready-to-use) kann als Wärmeträger sowohl in Wärmepumpen und Solaranlagen als auch in Warmwasserheizungen verwendet werden. Die sorgfältig ausgewählten, fein aufeinander abgestimmten Additive modernster Technologie (Si-OAT = Silicium Organic Additive Technology) gewährleisten bei bestimmungsgemäßem Einsatz eine Lebensdauer des „SZ Solar Fluid HT -30°C“ von mehreren Jahren. „Die gebräuchlichsten, in den genannten Anlagen verbauten Metalle und Legierungen wie Aluminium, Gusseisen, Stahl, Lötzinn, Messing und Kupfer werden langanhaltend und zuverlässig vor den verschiedensten Erscheinungsformen der Korrosion und Kavitation geschützt“, sagt Jürgen Stilgenbauer, Geschäftsführer der SZ Water Treatment System GmbH. Aufgrund der speziellen Vorteile des Produktes rechnet er sich gute Marktchancen aus.
Das Interesse sei bereits hoch.
Quelle: Rowe Inside